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Klimawandel und Postwachstum

Ein Erlebnisbericht von der Teilnahme an der Nachhaltigkeitsakademie des JGW-e.V. und der Deutschen Schülerakademie 2017

Wo anders kann man bis ein Uhr nachts die Turnhalle für ein Volleyballmatch nutzen, sich nach Mitternacht in die Küche setzen und Schokopizza backen, von morgens bis abends jonglieren lernen und wie ein Besessener den ganzen Tag mit seinen Bällen herumlaufen? Abends drei Stunden lang den Klavierklängen von anderen Menschen lauschen, mit einhundert Leuten türkischen Volkstanz lernen, morgens den Tag mit einem Bad im morgenkalten, nebelüberfluteten See vor der Haustür begrüßen, zusammen mit 90 anderen tollen Jugendlichen so tiefgründig und mit einer solchen Freude an der Sache, Ideen, Perspektiven, Herausforderungen unserer heutigen Welt analysieren, diskutieren und anpacken?

Ich weiß es nicht. Was ich weiß, ist, dass die zwei Wochen in den Sommerferien auf der Nachhaltigkeitsakademie (NAka) in der Historisch-Ökologischen Bildungsstätte Papenburg mit Abstand die prägendsten, inspirierendsten, wohl auch die schlaflosesten und spaßerfülltesten zwei Wochen waren, die ich je erlebt habe und deren Erfahrungen und Begegnungen ich um nichts missen möchte.

Neben sehr viel freier Zeit, in der – wie oben erläutert - kursübergreifende Aktivitäten stattgefunden haben, standen auf der NAka selbstverständlich die Kurse im Vordergrund. Wie auf den meisten der Deutschen Schülerakademien gab es sechs verschiedene Kurse. Das Besondere an der NAka ist, dass diese sechs Kurse alle ein gemeinsames Oberthema haben, welches in diesem Jahr das Thema „Klimawandel“ war.

Neben kursinterner Arbeit bot das gemeinsame Oberthema die Möglichkeit, kursübergreifend und praktischer orientiert als in den Kursen zum Thema Nachhaltigkeit und Klimawandel zu arbeiten, was im Rahmen einer zweitägigen Projektarbeit stattfand. Hierbei wurden beispielsweise ein Tauschregal gebaut, die CO2-Emissionen der Anreise und der ökologische Fußabdruck der Bildungsstätte errechnet oder durch einen Flashmob bei der nahegelegenen Meyer-Werft auf Klimathemen aufmerksam gemacht.

Nun zu den Kursen:

Ich hatte mich insbesondere für den interdisziplinären Kurs  „Postwachstum als Antwort auf den Klimawandel“ interessiert, ihn als Erstwunsch angegeben und auch bekommen. Postwachstum oder auch Degrowth ist ein Begriff, der viele Ansätze umfasst, die eine Gesellschaft skizzieren, in der nicht (mehr) (Wirtschafts-)Wachstum das Paradigma ist.

In der ersten Woche des Kurses haben wir uns der Problemanalyse gewidmet und – vereinfacht gesagt - festgestellt, dass das Voranschreiten des Klimawandels, also u.a. die das Ansteigen der Temperaturen, untrennbar an das Wachstum der Wirtschaft gekoppelt ist, da Wirtschaftswachstum mit ansteigenden Mengen von Treibhausgasemissionen und ansteigendem Ressourcenverbrauch einhergeht. Wir haben u.a. thematisiert, welche Haken die als Lösung des Klimaproblems propagierte „Green Growth“-Strategie der westlichen Welt hat. Erschreckend war, was für eine Augenwischerei betrieben wird, wenn es um das 2°C-Ziel des Pariser Abkommens geht. So bauen etwa 90% der Zukunftsszenarien, in denen wir das 2°C-Ziel erreichen, auf bis dato nicht existierende, bisher viel zu wenig erforschte und höchst fragwürdige Methoden. Ein Beispiel ist die BECCS-Methode. Hier soll Biomasse verbrannt und das entstehende CO2 anschließend unterirdisch gespeichert werden.

Die zweite Woche widmete sich den Ansätzen des Postwachstums. Dabei wurden konkrete, schon gelebte Konzepte wie z. B. Transition Towns oder alternative Lebensweisen wie Ubuntu aus Afrika oder Buen Vivir aus Südamerika ebenso thematisiert wie Kernbegriffe der Postwachstumsdebatte wie Subsistenz und Suffizienz. Bei Interesse und Wissensdurst erkläre ich die Ideen gerne näher.

In jedem Fall bin ich, wie alle anderenTeilnehmer, mit dem Gefühl nach Hause gekommen, besser Bescheid zu wissen, was die Herausforderungen des Klimawandels angeht und auch, was die unzureichenden Antworten unserer heutigen Politik angeht. Ich stecke voller Handlungsdrang, nachdem mir jetzt erst so richtig bewusst geworden ist, wie drohend bevor- und viel zu wenig im Fokus die Klimaprobleme stehen – sei es in der Politik, in der Öffentlichkeit oder in der Schule.

Bei Interesse am Thema, Fragen, oder Ähnlichem freue ich mich über jeden, der auf mich zukommt J (z.B. über Mail: antonia.brand@gsm.schulbistum.de)!

 Antonia Brand